Trauerrede für einen Freund – ein Auszug

Liebe Familie, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Trauergemeinde,

es gibt Dinge, für die wir keine Worte haben. Und trotzdem stehen wir hier – mit Worten. Weil Schweigen heute nicht reicht. Weil ein Leben, das uns so viel bedeutet hat, nicht einfach verschwinden darf, ohne dass wir ihm Raum geben. Raum in unseren Stimmen. In unserer Erinnerung. In unseren Herzen.

Er war mein Freund. Nicht irgendeiner. Sondern der, mit dem alles begann. Wir sind im selben Stadtteil groß geworden, in derselben Straße, auf denselben Spielplätzen. Wir haben dasselbe Laub zertreten und dieselben Sommer veratmet.

Unsere Kindheit war nicht perfekt – wessen schon? – aber sie war geteilt. Und das machte sie besonders. Kindergarten. Grundschule. Blödsinn, den nur Kinder erfinden können. Und dann – wie das Leben es manchmal vorsieht – trennten sich die Wege.

Ich ging nach Niedersachsen. Neue Stadt. Neue Menschen. Neue Sorgen. Er blieb im Ruhrgebiet, suchte seinen eigenen Weg. Aber wir verloren uns nicht. Denn manche Freundschaften wachsen unter der Oberfläche weiter – still, unsichtbar, aber unzerstörbar.

Das Internet wurde zur Brücke. Und als die Ausbildung vorbei war, stand da nicht ein Fremder, sondern der Freund von früher – gereift, aber unverändert in seinem Kern.

[Musikstück 1 – z. B. „Halt mich“ von Herbert Grönemeyer]

Er hatte inzwischen eine Familie gegründet. Sein Stolz, wenn er von ihr sprach, war nicht laut. Er brauchte keine großen Worte, um deutlich zu machen: Das hier ist mein größtes Glück.

Vater sein, Partner sein – das war für ihn nicht Last, sondern Aufgabe. Eine, die er mit Liebe erfüllt hat. Mit allem, was er geben konnte. Und auch, als die Krankheit kam, als die Zeit sich plötzlich verkürzte und das Leben sich anders anfühlte – auch da blieb er: Vater. Partner. Freund.

Er hat nicht aufgegeben. Und er hat sich nie selbst zum Mittelpunkt gemacht. Nicht einmal, als er allen Grund dazu gehabt hätte.

[Musikstück 2 – z. B. „The Sound of Silence“ (Instrumentalversion)]

Wir, die ihn kannten, wissen, was wir verloren haben. Aber auch, was wir behalten dürfen. Es sind nicht nur die gemeinsamen Erinnerungen – es ist ein Gefühl, das bleibt.

Ein Wissen darum, dass da einmal ein Mensch war, der dich verstanden hat, ohne dass du viel erklären musstest. Ein Mensch, mit dem Schweigen nicht unangenehm war. Mit dem man lachen konnte, bis die Luft knapp wurde – und mit dem man auch schweigen konnte, wenn das Leben schwer war.

Dass er nun fehlt – das reißt ein Loch. Nicht eins, das man stopfen kann. Aber vielleicht eines, das man mit Würde trägt.

Und wenn ich in Zukunft an ihn denke, dann will ich nicht nur traurig sein. Ich will dankbar sein. Für die Jahre. Für die Freundschaft. Für die gemeinsamen Wege. Denn dass wir uns begegnet sind, war ein Geschenk.

[Musikstück 3 – z. B. „Tears in Heaven“ von Eric Clapton]

Und an dich, mein Freund – wo auch immer du jetzt bist: Ich hoffe, dort gibt es ein Stückchen Deuten. Einen Garten mit wildem Gras. Ein Fußballfeld ohne Zäune. Und jemanden, der deine Geschichten noch nicht kennt – damit du sie wieder erzählen kannst.

Lebe wohl. Oder besser: Bis irgendwann.

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